Herbert Leuninger ARCHIV ASYL

Presserklärungen 1992

1988 - 1989 - 1990 - 1991 - 1992 - 1993 - 1994 - 1995

21. Dezember 1992
Asyl nur noch für Fallschirmspringer in der Heide???

9. Dezember 1992
Asylkompromiß
Abschied von der internationalen Rechtsgemeinschaft

8. Dezember 1992
Wie kann die katholische&xnbsp; Kirche dem AsyIkompromiß zustimmen?

7. Dezember 1992
Asylkompromiß
NIEDERLAGE DES RECHTSSTAATES

1. November 1992
Notstandsgesetz gegen Flüchtlinge
NOTSTAND AUF DEM BALKAN
NICHT IN DER BUNDESREPUBLIK

30. Oktober 1992
Bonn-Bukarester Roma-Vertrag
Widerspruch zu Bonner Menschenrechtspolitik

22. Oktober 1992
Abschiebung von Kurden in die Türkei
UNGERÜHRTER SEITERS
Verstärktes Kirchenasyl

22. Oktober 1992
Schröders Asyl-Kompromiß
DER EINSTIEG ZUM AUSSTIEG
in Europa schwere Verfahrensmängel beim Asyl

16. Oktober 1992
WIR SITZEN ALLE IN EINEM BOOT

14. Oktober 1992
Entschließung zum Asylrecht
MINENGÜRTEL UM EIN GRUNDRECHT

3. Oktober 1992
ZENTRALE DEMONSTRATION
GEGEN RASSISMUS UND FREMDENFEINDLICHKEIT
IN BONN AM 3.OKTOBER 1992

30. September 1992
Tag des Flüchtlings
PROMINENTE FÜR ARTIKEL 16
Unterschriftenaktion

25. September 1992
Bonn-Bukarester Roma-Vertrag
PRO ASYL unterstützt RNC-Aktion
Internationale Verurteilung gefordert

21. September 1992
Auch Genfer Konvention kein Tabu?
Seiters allerneueste Vorschläge

16. September 1992
Abschaffung von Artikel 16
VERFASSUNGSFEINDLICHE UMTRIEBE

25. August 1992
ARTIKEL 16 GRUNDGESETZ ALS MENSCHENRECHT

24. August. 1992
Rostock
Metastase des Nationalismus

19. August 1992
PROTEST GEGEN ROMA-ABSCHIEBUNG

12. August 1992
Vietnamesische Asylbewerber
Reintegrationsabkommen contra Abschiebeschutz?
Verwaltungsgericht entscheidet

12. August 1992
Formelhafte Einsprüche des Bundesbeauftragten

8. Juni 1992
Protest gegen Visa-Prozedur für Balkan-Flüchtlinge

22. Mai 1992
Bosnische Flüchtlinge
KEIN HAMMELSPRUNG AN DER GRENZE

20.5.1992
GRENZWACHT

18. April 1992
Flüchtlinge aus Jugoslawien
Grenzen öffnen
Abschiebestopp verlängern

25. März 1992
Großlager für Flüchtlinge
KASERNIERUNG TOTAL
Betreiben durch Wohlfahrtsverbände?

19.2.1992
Asylverfahrensgesetz
RECHTSSTAATLICHKEIT
Keiner Fußnote wert

12. Februar 1992
Zusatzabkommen von Schengen
VERTRAG GEGEN FLÜCHTLINGE
Immer höhere Barrieren

22. Januar 1992
Neuregelung des Asylverfahrens
AP-Meldung

14.Januar1992
Abschiebung in die Türkei
GRAUSAME GESETZESLOGIK
Abschiebestopp für Türkei

6.Januar.1992
Neuregelung des Asylverfahrens
ENTWURF MACHWERK DER ABWEHR
Anhörung gefordert


21. Dezember 1992

Asyl nur noch für Fallschirmspringer in der Heide???

Pressemitteilung (auszugsweise)

PRO ASYL – GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER –

ROBIN WOOD - DIE GRÜNEN – DIE JUSOS

Wir möchten Sie gemeinsam zu einer szenischen Aufführung unserer diesjährigen „WEIHNACHTSGESCHICHTE“ einladen. Aus gegebenem, traurigen Anlaß laden wir nach KARLSHÖFEN&xnbsp; ein – zwischen Teufelsmoor und Lüneburger Heide.

Termin: DIENSTAG, 22. Dezember – 11.30 Uhr (!)

Anlaß? Punkt 11.30 Uhr werden in der Nordheide die ersten drei Fallschirmasylanten landen – auch bei schlechtem Wetter! In der freien Natur werden sie bürokratisch&xnbsp; exakt und der weihnachtlichen Stimmung entsprechend &xnbsp;formal von zwei Beamten der Außenstelle „Nordheide“ des Bundesamtes in Zirndorf empfangen. Diese aufopfernden Beamten, nur durch Regenschirme gegen die Natur (gefeit) sowie mit Stempeln gegenüber den Asylbewerbern auftretend, stellen Fragen und stellen sich den Fragen...

(unter Mitwirkung des Stadttheaters Lüneburg
Ansprechpartner vor Ort: Frank Eyssen)

Anschließend PRESSEKONFERENZ:

(Die szenische Aufführung musste wegen Nebel ausfallen. Das Flugzeug konnte nicht starten, Die Pressekonferenz fand statt unter Mitwirkung der og. Organisationen)


9. Dezember 1992

Asylkompromiß
Abschied von der internationalen Rechtsgemeinschaft

Der Bonner Asylkompromiß ist der Abschied

  • vom Artikel 16 als Menschenrecht

Erstmals wurde mit dem Artikel 16 in einer Verfassung das Menschenrecht auf Asyl deklariert.

  • von der Genfer Flüchtlingskonvention

Die Bundesrepublik hat förmlich dem Beschluß des Exekutivkomitees des UNHCR zugestimmt, wonach Asyl nicht allein aus dem Grund verweigert werden soll, weil der Flüchtling in einem anderen Staat hätte Asyl beantragen können.

Auch sind Länderlisten von Verfolger- oder Nichtverfolgerstaaten mit der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vereinbar.

  • von der internationalen Rechtsgemeinschaft.

Die Verlagerung der Asylgewährung auf die Nachbarstaaten ist die Aufkündigung einer gemeinsamen Schutzverpflichtung gegenüber Flüchtlingen. die durch Geld nicht kompensiert werden kann.


8. Dezember 1992

Wie kann die katholische &xnbsp;Kirche dem AsyIkompromiß zustimmen?

Als mit der Wächterfunktion der Kirche kaum mehr vereinbar wertet Herbert Leuninger von PRO ASYL die Zustimmung der Kommissariates der Katholischen Bischöfe in Bonn zum Asylkompromiß von CDU/CSU, SPD und FDP. Erste Analysen zeigten, daß sich die Bundesrepublik unter formaler Wahrung des Grundrechs auf Asyl gegenüber Flüchtlingen möglichst umfassend abzuschotten gedenkt.

PRO ASYL sieht einen tiefen Widerspruch zwischen diesem Ziel und den Forderungen der jüngsten Erklärung aus dem Vatikan. Rom kritisiert &xnbsp;die Tendenz als besorgniserregend, daß politische Entscheidungen getroffen werden, die darauf abzielen, die Zahl der Asylsuchenden möglichst niedrig zu halten und Anträge auf Asyl zu erschweren. Die Katholische Weltkirche verlangt, das geltende Asylrecht auszuweiten und die Genfer Flüchtlingskonvention auf bisher nicht geschützte Gruppen von Flüchtlingen auszudehnen. Jede Person, so heißt es in der römischen Erklärung, die sich in Gefahr befindet, und sich als solche an der Landesgrenze zu erkennen gibt, hat ein Recht auf Schutz. Genau dieses würde nach den jüngsten Vorstellungen aus Bonn nicht mehr gewährleistet sein.

Kennt das Katholische Kommissariat diese Erklärung nicht oder nimmt man in Bonn Rom nicht mehr ganz ernst? Dies fragt Herbert Leuninger in seiner Stellungnahme.


7. Dezember 1992

Asylkompromiß
NIEDERLAGE DES RECHTSSTAATES

"Der von der Großen Koalition geplante Artikel 16a Grundgesetz ist ein Sieg der Straße und eine Niederlage des Rechtsstaates". Dies erklärte Herbert Leuninger für die Flüchtlingsorganisation PRO ASYL in einer ersten Stellungnahme zum Bonner Asylkompromiß.

Mit der neuen Regelung haben praktisch nur noch die Flüchtlinge eine Chance auf ein Asylverfahren in der Bundesrepublik, die entweder mit einem Fallschirm in der Lüneburger Heide oder mit einem Hängegleiter im Allgäu landen. Selbst ihnen kann aber noch ein kurzer Prozeß gemacht werden, wenn sie u.a. aus einem sogenannten verfolgungsfreien Land kommen, nicht über die erforderlichen Identitätspapiere verfügen oder straffällig geworden sind.

Artikel 16a setzt das Grundrecht auf Asyl der Genfer Flüchtlingskonvention gleich. Dies ist ein - bei aller Bedeutung dieser Konvention - großer Rückschritt. Denn Genf gewährt im Unterschied zu Artikel 16 kein individuelles und damit einklagbares Recht. Außerdem gibt es in der EG kein einheitliches, rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechendes Verfahren. Auch fehlt eine gemeinsame Definition, wer überhaupt als Flüchtling anzusehen ist. Die jüngste Asyl-Tagung der EG-Innenminister in London habe überdies gezeigt, daß selbst die derzeitigen Genfer Mindeststandards durch Listen verfolgungsfreier Staaten und sicherer Durchreiseländer unterschritten werden sollen.

"Mit Flüchtlingen wird künftig an den Grenzen Deutschlands und der Gemeinschaft Ping-Pong gespielt, weil kein EG-Staat mehr bereit ist, Menschen, die flüchten, außer in einem selbst zu bestimmenden Umfang, aufzunehmen", befürchtet Herbert Leuninger, Sprecher von &xnbsp;PRO ASYL.

Die auch von PRO ASYL geforderte &xnbsp;Einführung eines eigenen Status für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge ist zwar in dem Parteien-Kompromiß vorgesehen. Solange es aber keinen europäischen Verteilungsschlüssel für solche Flüchtlinge, geschweige denn ein Zugangsrecht für sie gibt, bleiben für sie nur unzureichende Aufnahmekontingente.


1. November 1992

Notstandsgesetz gegen Flüchtlinge
NOTSTAND AUF DEM BALKAN
NICHT IN DER BUNDESREPUBLIK

"Nicht in der Bundesrepublik sondern auf dem Balkan herrscht der Notstand", erklärte Herbert Leuninger Sprecher der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL zu der Ankündigung von Bundeskanzler Helmut Kohl, Notstandsgesetze gegen Flüchtlinge zu erlassen. PRO ASYL fordert gesetzliche Maßnahmen, um zu Beginn des Winters verstärkt Flüchtlinge aus dem Balkan in Europa und in der Bundesrepublik aufzunehmen.

"Die Wirklichkeit wird auf den Kopf gestellt, wenn Bundeskanzler&xnbsp; Kohl angesichts Hunderttausender Flüchtlinge in Bosnien, die vor dem Kältetod stehen, angesichts schwerer Menschenrechtsverletzungen gegenüber Roma in Rumänien und eines in der Südosttürkei gegen Kurden tobenden Krieg mit einer Notstandsgesetzgebung die&xnbsp; Bundesrepublik vor Flüchtlingen abschotten will", sagte Leuninger.

Wenn es je einen diesbezüglichen Notstand in Deutschland gegeben habe, dann nach dem 2.Weltkrieg, als 14 Millionen Menschen aus Ostdeutschland in das weithin zerstörte Restdeutschland vertrieben wurden. Damals wurden diese Flüchtlinge auf dem Land untergebracht, da die Großstädte nur noch Ruinenfelder waren. Durch die Vertriebenen und die Bombenflüchtlinge vergrößerten sich manche Gemeinden nach dem Krieg um 30-50% ihrer ursprünglichen Einwohnerschaft.

Dagegen beläuft sich die Zahl aller Flüchtlinge, die seit 20 Jahren in die Bundesrepublik gekommen und auch dort geblieben sind, auf derzeit etwa 1,4 Millionen. Erst wenn, wie derzeit in Kroatien die Zahl der Flüchtlinge auf 20% der Bevölkerung anstiege, d.h. auf das Zehnfache der bisherigen Zahl, müßten sicher in der Bundesrepublik außerordentliche Maßnahmen wie etwa eine Wohnraum-bewirtschaftung ergriffen werden.


30. Oktober 1992

Bonn-Bukarest er Roma-Vertrag
Widerspruch zu Bonner Menschenrechtspolitik

"Der am 1. November in Kraft tretende Vertrag zwischen Bonn und Bukarest zur leichteren Abschiebung von Roma nach Rumänien ist weder mit den Zielen der KSZE noch mit den wiederholten Ankündigungen der Bundesregierung vereinbar, sich überall für die Wahrung der Menschenrechte einzusetzen", erklärte Herbert Leuninger für PRO ASYL. Durch den völkerrechtlich einmaligen zwischenstaatlichen Akkord über die Rücknahme von Roma-Flüchtlingen auch ohne Identitätspapiere würden dieser einer Regierung ausgeliefert, die die Einhaltung der Menschenrechte nicht gewährleistet.

"Der Vertrag berücksichtigt weder die vorliegenden Informationen über die bedenklich Menschenrechtslage in Rumänien noch die internationale Kritik an den schweren und ständigen Menschenrechtsverletzungen gegenüber der nach zwei Millionen zählenden Minderheit der Roma in dem südosteuropäischen Land", sagte Leuninger.

So liegt PRO ASYL die Kopie eines Schreibens von 56 Abgeordneten des amerikanischen Repräsentanten-Hauses an den derzeitigen rumänischen Präsidenten Ion Iliescu vor. Darin wird die Aufschiebung einer Entscheidung des Kongresses über die Meistbegünstigungs-klausel für das Land mit den mangelnden Fortschritten beim Demokratisierungsprozeß und einer wachsenden nationalistischen Entwicklung, die gegen Juden, Ungarn und nicht zuletzt gegen Roma gerichtet sei, begründet. Roma und Angehörige der ungarischen Minderheit, die Opfer minderheiten-feindlicher Angriffe geworden seien, würden gesetzlich und gerichtlich nicht ausreichend geschützt. Viele von ihnen kämen sogar aufgrund falscher Anschuldigungen ins Gefängnis. Der Kongreß erwartet in seinem Schreiben eine Abkehr von diesen und anderen Formen der Unterdrückung von Minderheiten.


22. Oktober 1992

Abschiebung von Kurden in die Türkei
UNGERÜHRTER SEITERS
Verstärktes Kirchenasyl

&xnbsp;Mit einem verstärkten Kirchenasyl rechnet Herbert Leuninger Sprecher der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL, wenn es nach der jüngsten Entscheidung von Bundesinnenminister Rudolf Seiters tatsächlich zur Massenausweisung von Kurden in die Türkei kommen sollte.

Für PRO ASYL ist es ein eklatanter Widerspruch, wenn am gleichen Tag, an dem Bundesinnenminister Rudolf Seiters die Verlängerung des Abschiebestopps für kurdische Türken ablehnt, der Botschafter der Türkei ins Bonner Außenministerium einbestellt wird, um sich zu den schweren Menschenrechtsverletzungen seines Staates zu erklären.

Kirchengemeinden, an die sich verzweifelte Kurden als letzte Rettung wenden werden, geraten mit der neuen&xnbsp; Rechtslage vor die schwere Entscheidung, wie sie bedrohte Menschen schützen können. „In den kurdischen Siedlungsgebieten der Türkei regiere ähnlich wie in Bosnien-Herzegowina &xnbsp;der Terror. Menschen dorthin zurückzuschicken ist weder mit dem Grundgesetz noch mit dem Ausländergesetz vereinbar." sagte der PRO ASYL - Sprecher.

PRO ASYL fordert von allen Bundesländern, in denen eine Abschiebung von Kurden ansteht, die Verschärfung der Krise in der Türkei zum Anlaß zu nehmen, einen in ihrer Kompetenz liegenden neuen&xnbsp; Abschiebestopp für ein halbes Jahr zu erlassen.


22. Oktober 1992

Schröders Asyl-Kompromiß
DER EINSTIEG ZUM AUSSTIEG
in Europa schwere Verfahrensmängel beim Asyl

"Als Einstieg zum Ausstieg" bezeichnete Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL den von Ministerpräsident Gerhard Schröder vorgelegten Entwurf zur Neuformulierung des Grundrechts auf Asyl. Dies gelte für den Ausschluß von Bürgerkriegsflüchtlingen, die per Gesetz ein befristetes Aufenthaltsrecht erhalten haben, von jeglichem Asylverfahren. Veränderungen der politischen Situation in der Heimat und andere asylrelevante Umstände, die nach der Flucht eintreten könnten, würden bestimmte politische Flüchtlinge von einem Grundrecht ausschließen. Ebenso bedenklich sei, so Leuninger, eine verfassungsmäßige Verankerung der Anerkennung von Asylentscheidungen anderer Vertragsstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention.

"Solange es in anderen europäischen Ländern keine mit dem Grundrecht auf Asyl und der Rechtswegegarantie vergleichbare Standards gibt, besteht die Gefahr, daß bei jeder Anerkennung einer in einem anderen Land getroffenen Asylentscheidung das Grundrecht auf Asyl unterlaufen wird und politische Flüchtlinge ohne den notwendigen Rechtsschutz ins Verfolgerland ausgewiesen werden," erklärte PRO ASYL.

So gibt es z.B. in Österreich keine unabhängige Überprüfung einer Asylentscheidung. In der ersten Instanz entscheidet eine dem Bundesinnenministerium unterstellte Sicherheitsdirektion. Über Rechtsmittel hingegen entscheidet dann das Ministerium selbst. In Belgien gilt die Vermutung, daß es in einem Herkunftsland von Asylbewerbern keine politische Verfolgung gibt, wenn von dort mehr als 5% der Asylsuchenden kommen, aber weniger als 5% von ihnen anerkannt werden. Die Schweiz hatte Algerien noch lange nach dem dort verhängten Ausnahmezustand auf der Liste sogenannter "sicherer Herkunftsländer". In Italien und in Großbritannien hätten die Grenzbeamten übermäßig große Vollmachten darüber zu entscheiden, wer in ein Asylverfahren kommt oder nicht.

PRO ASYL warnt die SPD vor einem Kompromiß, der nur darauf hinzielt, eine falsche Entscheidung der Führungsspitze um Engholm für die Gesamtpartei etwas erträglicher zu machen.


16. Oktober 1992

WIR SITZEN ALLE IN EINEM BOOT
 

Beitrag für NEUE WESTFÄLISCHE, Bielefeld

Ist das Boot voll? Die Frage wird seit zehn Jahren gestellt.

Die Antwort der Politik lautet sei zehn Jahren: Ja! Dem widerspricht die Realität. Wenn das Boot jemals voll war, dann nach dem 2.Weltkrieg, als 14 Millionen Menschen aus dem Osten Deutschlands vertrieben wurden und in das weithin zerstörte Restdeutschland kamen. Da die Großstädte Ruinenfeldern glichen, wurden die Flüchtlinge auf dem Land untergebracht. Manche Gemeinden wuchsen damals um 30-50%. Es gab große Schwierigkeiten, aber es ging, es mußte gehen.

Und heute? Alle Flüchtlinge, die seit 2o Jahren in die Bundesrepublik gekommen und dann auch geblieben sind, machen nicht 14 Millionen, sondern 1,4 Millionen aus. Auf Tausend Einwohner kommen 2 geflüchtete Menschen. Was niemand, zur Kenntnis nimmt:Seit 1990 haben 100.000 Asylbewerber die Bundesrepublik wieder verlassen.

Ob das Boot voll ist? Seit zehn Jahren setzt die Politik auf Abwehr von Flüchtlingen. In diesen Tagen gaukelt sie wider besseres Wissen der Bevölkerung vor, eine Änderung des Grundgesetzes könnte die Fluchtbewegung nach Deutschland stoppen. Österreich, die Schweiz und auch Schweden haben in den vergangenen Jahren - auf ihre Bevölkerung bezogen - mehr Flüchtlinge aufgenommen als die Bundesrepublik. Dabei kennen diese Länder kein Grundrecht auf Asyl.

Es gibt einen großen Engpaß in der Unterbringung von Flüchtlingen, keine Frage. Die Länder und Kommunen haben es aber in der Vergangenheit sträflich versäumt, Vorsorge zu treffen und Unterkünfte zu schaffen. Sie haben auf heruntergekommene Hotels, Pensionen und leerstehende Schulen gesetzt. Die sind jetzt belegt. Die Unterbringung von Flüchtlingen ist aber keine vorübergehende sondern voraussichtlich eine Daueraufgabe. Wer dies der Bevölkerung nicht sagt und nicht gleichzeitig um Verständnis für die Flüchtlinge wirbt, handelt unverantwortlich.

Die meisten Flüchtlinge kommen aus Kriegs- und Krisenländer. Sie suchen Leib und Leben zu retten. Auf dem Balkan drohen in diesem Winter hunderttausende Flüchtlinge zu erfrieren. Dem größten Teil müßten bereits morgen heizbare Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden. Auch dies wurde von Europa nicht geschafft. Jetzt muß eine Rettungsaktion zur Aufnahme der vom Kältetod bedrohten Menschen in den westlichen Ländern, nicht nur in Deutschland, anlaufen. Viele Kasernen in der Bundesrepublik stehen noch leer! Die Bundesregierung verhindert, so eine Meldung von gestern, daß sie mit Flüchtlingen belegt werden!

"Ist das Boot voll?" Die richtige Antwort müßte lauten: "Wir sitzen alle in einem Boot!"


14. Oktober 1992

Entschließung zum Asylrecht
MINENGÜRTEL UM EIN GRUNDRECHT

 

"Die Koalition hat sich in Prinzip auf die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl geeinigt!" erklärte PRO ASYL. Dies und nicht das Dutzend Rechtsverschlechterungen für Flüchtlinge sei Kern der Entschließung, die am Donnerstag dem Bundestag vorliegt. Hierbei bezieht sich PRO ASYL auf die Aussage des Kompromißpapiers, daß im Hinblick auf eine europäische Angleichung Artikel 16 geändert werden solle.

Innereuropäisch gelte die Genfer Flüchtlingskonvention, die Flüchtlinge zwar vor einer Abschiebung in ihr Verfolgerland schütze, aber ein individuelles Recht auf Asyl nicht kenne. Was im Falle einer europäischen Einigung von diesem Recht noch übrig bleiben werde, zeige sich an den vielen Einschränkungen, die die Entschließung der Koalition zur Abwehr von Asylanträgen in ihrem ersten Teil enthalte. "Sie sind wie ein Minengürtel um das Grundrecht auf Asyl!", sagte PRO ASYL-Sprecher Herbert Leuninger.

PRO ASYL hält eine europäische Harmonisierung zwar auch für erforderlich, Maßstab müßte aber das Menschenrecht auf Asyl sein, wie es durch das Grundgesetz erstmals in einer nationalen Verfassung kodifiziert worden sei.


3. Oktober 1992

ZENTRALE DEMONSTRATION
GEGEN RASSISMUS UND FREMDENFEINDLICHKEIT
IN BONN AM 3.OKTOBER 1992

(vorgesehener, aber nicht gehaltener Redebeitrag)

Ich habe gestern ein bewegendes Telefonat mit einem alten Sozialdemokraten geführt. Es war Heinz Putzrath, der den Aufruf von PRO ASYL "Keine Änderung des Grundrechts auf Asyl!" unterschreiben wollte. Er ist Vorsitzender der ARBEITSGEMEINSCHAFT EHEMALS VERFOLGTER SOZIALDEMOKRATEN. Ich habe ihm am Telefon den Wortlaut des Aufrufs vorgelesen, in dem es u.a. heißt: Artikel 16 wurde als Konsequenz aus der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft formuliert und sollte sicherstellen, daß politisch Verfolgte an deutschen Grenzen nicht abgewiesen würden.

Daraufhin hat Heinz Putzrath mich gebeten ihn als Vorsitzenden der AVS unter den Aufruf zu setzen und dies auch der Öffentlichkeit in geeigneter Form bekannt zu geben. Ich tue es hiermit!

Seine Unterschrift, die von Ignatz Bubis und weiterer Menschen, die unter der Diktatur Hitlers gelitten haben, unterstreichen, daß Artikel 16,2 Grundgesetz ein Mahnmal in unserer Verfassung ist, ein Mahnmal gegen Rassismus, gegen Pogrome, gegen Flüchtlingsabwehr. Lassen wir die Demontage dieses historischen Mahnmals nicht zu!

Mit großer Spannung verfolgen wir die Grundsatzdiskussion in der SPD. Sie rührt an die Substanz dieser Partei, weil sie an die Substanz unserer Demokratie rührt. Unterstützen wir alle Sozialdemokraten, die das Menschenrecht auf Asyl kompromißlos verteidigen.

Vor dem besonderen Parteitag der SPD wird in Bonn eine große Demonstration unter dem Motto "Verteidigt die Freiheitsrechte des Grundgesetzes!" stattfinden. Tragt diesen wichtigen Termin in Eure Kalender ein: Es ist Samstag, der 14. November 12.00 Uhr. Die Koordination dieser Demo läuft über das Büro Friedenskooperative.

Wir brauchen bei dem drohenden Rechtsruck keine Große Koalition, die selbst nach rechts rückt. Wir brauchen eine Große Koalition aller gesellschaftlichen Kräfte gegen Rechts.


30. September 1992

Tag des Flüchtlings
PROMINENTE FÜR ARTIKEL 16
Unterschriftenaktion

Ignatz BUBIS, Günter GRASS, Franz ALT, Senta BERGER, Heinrich ALBERTZ, Dieter OEERNDÖRFER, die Hamburger Bischöfin Maria JEPSEN und Jochen RICHERT vom DGB-Bundesvorstand gehören zu den prominentesten Unterzeichnern des Aufrufs "Keine Änderung des Grundrechts auf Asyl!".

Dieser Aufruf wird von PRO ASYL und den, landesweiten Flüchtlingsräten zum diesjährigen Tag des Flüchtlings am 2.Oktober verbreitet. Mit möglichst vielen Unterschriften sollen die Bundestagsabgeordneten und die Ministerpräsidenten der Länder aufgefordert werden, das Grundrecht "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" in vollem Umfang zu erhalten.

Dieses Grundrecht sei, so heißt es in dem knapp formulierten Text, als Konsequenz aus der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft formuliert worden. Es sollte sicherstellen, daß politisch Verfolgte an deutschen Grenzen nicht abgewiesen würden. "Das Asylrecht ist ein Menschenrecht", ist die zentrale Aussage des Aufrufs. Die vorgesehenen Änderungen sollten dieses Menschenrecht beschränken. Dadurch würden politische Verfolgte schutzlos gestellt.

Die Resolution schlägt vor: Asylverfahren schnell und rechtsstaatlich durchzuführen, Programme zur Beseitigung von Fluchtursachen durchzuführen, Integrationsmaßnahmen zu verstärken und generell den sozialen Wohnungsbau zu fördern.

Weitere prominente Erstunterzeichner des Aufrufs sind:

Prof. Willy Heitmeyer, Prof. Konrad Reiser, Brigitte Erler (Buntes Deutschland - SOS Rassismus), Prof. Karl-Heinz Meier-Braun, Prof. F.Steffensky, Dorothee Sölle, Volker Beck (Schwulenverband in Deutschland), Bachman Nirumand, Klaus Vack (Komitee für Grundrechte und Demokratie) , Almuth Berger, Friedrich Schorlemmer, Prof. Luise Schottroff, Prof. Willy Schottroff, Aliza Fuss (Internationale Liga für Menschenrechte), Sabine Kriechhammer-Yagmur (IAF), Karl-Heinz Koppe (Pax Christi), Gert Heidenreich (F.E. Zentrum in der BRD), Uwe Günther (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein), Thomas Freitag, Prof.Erhard Denninger, Roberto Ciulli (Theater an der.Ruhr), Hans Branscheidt (medico international) Ulrich Vultejus (Humanistische Union), Jochen Menzel (terre des hommes).


25. September 1992

Bonn-Bukarester Roma-Vertrag
PRO ASYL unterstützt RNC-Aktion
Internationale Verurteilung gefordert

PRO ASYL unterstützt die Forderung des Roma National Congress (RNC) nach internationaler Verurteilung des Bonn-Bukarester Vertrages zur Deportation von Roma aus der Bundesrepublik und zur Verhinderung ihrer Flucht aus Rumänien. Die Forderung des RNC ist in Schreiben an die Botschaften von Dänemark, der USA, der Schweiz und an die Europäische Gemeinschaft enthalten.

"Dieser Vertrag berücksichtigt nicht die internationale Kritik an den schweren und ständigen Menschenrechtsverletzungen gegenüber der nach zwei Millionen zählenden Minderheit der Roma in dem südosteuropäischen Land", erklärte Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL.

So liegt PRO ASYL die Kopie eines Schreibens von 56, Abgeordneten des amerikanischen Repräsentanten-Hauses an den derzeitigen rumänischen Präsidenten Ion Iliescu vor. Darin wird die Aufschiebung einer Entscheidung des Kongresses über die Meistbegünstigungsklausel für das Land mit den mangelnden Fortschritten beim Demokratisierungsprozeß und einer wachsenden nationalistischen Entwicklung, die gegen Juden, Ungarn und nicht zuletzt gegen Roma gerichtet sei, begründet. Roma und Angehörige der ungarischen Minderheit, die Opfer minderheiten-feindlicher Angriffe geworden seien, würden gesetzlich und gerichtlich nicht ausreichend geschützt. Viele von ihnen kämen sogar aufgrund falscher Anschuldigungen ins Gefängnis. Der Kongreß erwartet in seinem Schreiben eine Abkehr von diesen und anderen Formen der Unterdrückung von Minderheiten.

"Der mit Bukarest abgeschlossene Vertrag ist weder mit den Zielen der KSZE noch mit den wiederholten Ankündigungen der Bundesregierung vereinbar, überall die Wahrung der Menschenrechte einzufordern", sagte Leuninger. Durch einen unerträglichen zwischenstaatlichen Akkord über die Rücknahme von Roma-Flüchtlingen würden diese einer Regierung ausgeliefert, die die Einhaltung der Menschenrechte nicht gewährleistet.


21. September 1992

Auch Genfer Konvention kein Tabu?
Seiters allerneueste Vorschläge

"Das Karussell des Rechtsabbaus dreht sich immer schneller!". So kommentiert die Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL die neuesten Vorstellungen zur x-ten Veränderung des Asylverfahrens aus dem Hause Seiters.

Dabei scheint nach dem Grundgesetz auch die Genfer Flüchtlingskonvention für Bundesregierung und CDU kein Tabu mehr zu sein. So ist die von Seiters nach Abschaffung des Artikels 16 massenhaft vorgesehene Zurückweisung von Flüchtlingen im Rahmen eines dem Asylverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens wohl kaum mit der Genfer Konvention vereinbar. Sie kennt weder Listen verfolgungsfreier Länder noch ein Selektionsverfahren vor dem eigentlichen Asylverfahren.

Nach den verbindlichen Empfehlungen des Exekutivkomitees des Hohen Flüchtlingskommissars von 1983 muß selbst einem Asylbewerber, dessen Antrag von einem dazu qualifizierten Beamten als offensichtlich unbegründet oder mißbräuchlich eingestuft wurde, die Möglichkeit gegeben werden, diese Ablehnung durch eine weitere Instanz überprüfen zu lassen. Erst, wenn diese Instanz die Ablehnung bestätigt, könnte der Flüchtlinge an des Grenze zurückgewiesen oder gewaltsam abgeschoben werden.

PRO ASYL fordert SPD und FDP auf, von dem sich immer schneller drehenden CDU-Karussell abzuspringen, bevor es für unseren Rechtsstaat vielleicht zu spät ist.


16. September 1992

Abschaffung von Artikel 16
VERFASSUNGSFEINDLICHE UMTRIEBE

"Die Angriffe der CDU auf das Asylgrundrecht nehmen immer mehr den Charakter verfassungsfeindlicher Umtriebe an", erklärte Herbert Leuninger, Sprecher der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL.

Gab man bisher vor, wenigstens noch im Ansatz das Individualrecht auf Asyl aufrechtzuerhalten, so wolle man es nach den von CDU-Generalsekretär Peter Hintze vorgestellten Plänen ganz abschaffen und nur noch die Genfer Flüchtlingskonvention gelten lassen. "Diese ist zwar ein bedeutendes internationales Schutzabkommen für Flüchtlinge. Es gewährt aber nicht ein Recht auf Asyl sondern letztlich nur den Schutz vor Abschiebung in das Verfolgerland", erklärte Leuninger.

In der langen Liste der Rechtsverschlechterungen für Flüchtlinge sei die nun angestrebte Verfassungsänderung ein nur vorläufiger Tiefpunkt. Nach der bisher von den C-Parteien eingeschlagenen Strategie müsse mit weiteren Angriffen auf unseren Rechtsstaat gerechnet werden. So seien zwei weitere entscheidende Rechtsgüter bereits für den Müll der Geschichte vorgesehen. Längst nämlich sei eine Verfassungsänderung der Rechtsweggarantie von Artikel 19,4 Grundgesetz im Gespräch. Bei den Plänen, ein eigenes Leistungsgesetz für die Versorgung von Flüchtlingen zu verabschieden, gehe es zwar nicht direkt gegen das Grundgesetz sondern gegen eine der großen sozialen Errungenschaften der Bundesrepublik, das Bundessozialhilfegesetz. Geschaffen, um jedem Menschen in der Bundesrepublik die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, sollten die Flüchtlinge künftig davon ausgenommen und die Sozialhilfe für sie drastisch gekürzt werden.

"Dies macht Flüchtlinge nun endgültig zu Menschen zweiter Klasse", erklärte Herbert Leuninger für PRO ASYL; "Die CDU/CSU will offensichtlich eine andere Republik und zieht SPD und FDP hinter sich her."


25. August 1992

ARTIKEL 16 GRUNDGESETZ ALS MENSCHENRECHT

Das Grundrecht auf Asyl ist ein Menschenrecht! Damit fehlt dem Bundestag - selbst bei einer Zweidrittelmehrheit - die Kompetenz Artikel 16 Grundgesetz substantiell zu verändern.

Zum Wesen eines Menschenrechtes gehört es, daß es universell gilt und ein angeborenes, unveräußerliches Recht für jedes Individuum darstellt. Es muß unter jeder vorstellbaren historischen Situation beachtet werden. Als elementares Recht ist es vorstaatlich und vorverfassungsmäßig.

Das Menschenrecht auf Asyl ergibt sich aus dem ersten aller Menschenrechte nämlich dem der Wahrung der Menschenwürde. Hiermit ist wesensgemäß das Recht auf Leben und die Unversehrtheit der Person gemeint. Daraus leiten sich alle weiteren Menschenrechte ab, u.a. das, nicht getötet und keiner Folter unterworfen zu werden und vor allem das, sein Leben durch Flucht in ein anderes Land retten zu können.

Das Grundgesetz beginnt damit, jedem Menschen eine angeborene, unverlierbare, unantastbare und auch durch andere Verfassungsnormen oder Gesetze nicht beschränkbare Würde zuzuerkennen. Artikel 16 Abs.2 ist eine zwingend gebotene Konkretisierung dieser Grundnorm. Er wurde ohne Einschränkung, vor allem auch ohne einen gesetzlichen Vorbehalt in unsere Verfassung aufgenommen und zwar in den zentralen, über jede tagespolitische Veränderung erhabenen Grundrechtsteil

Im Unterschied zur Weimarer Verfassung geht das Grundgesetz von vorgegebenen Menschenrechten aus. Diese werden ihrer Natur nach nicht eingeräumt oder großzügig zugestanden, sondern sie können im Prinzip nur erklärt, d.h. in feierlicher Form deklariert werden. Sie gelten unabhängig von jeder Gesetzgebung, normieren diese sogar. Während der Weimarer Zeit galten Grundrechte nur nach Maßgabe der Gesetze. Das Grundgesetz hat demgegenüber einen fundamental anderen Ansatz: Alle Gesetze gelten nur nach Maßgabe der Grundrechte.

Menschenrechte fallen nicht als formulierter Kanon vom Himmel und sind auch nicht Bestandteil eines kollektiven Menschheitsgewissens. Sie müssen durch tausendfach erlittenes Unrecht .ins menschliche Bewußtsein gehoben und unter größten Anstrengungen im politisch-rechtlichen Horizont verankert werden. Es handelt sich u.U. um Entwicklungen aus einer regionalen Erfahrung heraus, die dann die unaufschiebbare Macht einer weltweiten Durchsetzung und Beachtung entfaltet. So muß dies auch für das Menschenrecht auf Asyl mit seiner langen Geschichte gesehen werden. Hier ist dem Nachkriegsdeutschland eine historische Aufgabe zugefallen, die es sich nicht aussuchen und der es sich nicht entziehen kann.

Die Eltern des Grundgesetzes haben mit Artikel 16 ganz &xnbsp;bewußt eine spezifische Konsequenz aus der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft ziehen wollen. Es war eine Art Dank an die Völkergemeinschaft für die Aufnahme von 800.000 Flüchtlingen aus Hitlerdeutschland, aber auch eine Selbstverpflichtung dazu, keinesfalls, wie in Tausenden anderen Fällen während der Nazi-Zeit auch geschehen, Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen. Man kann ohne Übertreibung sagen, die Bundesrepublik habe in einer historischen Verantwortung mit diesem Artikel über alle geltenden Menschenrechtskonventionen hinaus einen neuen Standard gesetzt, indem sie einzelne Menschen nicht nur als Flüchtlinge aufnimmt und schützt, sondern ihre Aufnahme zu einem Recht ausgestaltet, das mit allen Rechtsweggarantien, die ein heutiger Rechtsstaat seinen Bürgern gewährt, versehen ist.

Bundestag und Bundesregierung sind aus geschichtlicher Verantwortung heraus verpflichtet sich auf europäischer und internationaler Ebene für die Deklarierung des Asylrechts als Menschenrecht einzusetzen. Die Bundesrepublik hat auf der Genfer Asylkonferenz 1977 den Versuch unternommen, eine ähnliche Erklärung wie die des Artikels 16 international durchzusetzen. Sie ist damals mit diesem Versuch gescheitert, ohne ihn je wieder aufzunehmen.


24. August. 1992

Rostock
Metastase des Nationalismus

"Rostock ist eine Eskalation der Fremdenfeindlichkeit, eine Metastase des Nationalismus, wie er sich derzeit in brutalster Weise auf dem Balkan austobt", erklärte Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL. "Dabei sind alle Ausschreitungen vom vergangenen Wochenende die gräßliche Begleitmusik zur Bereitschaft der SPD-Spitze, das Grundrecht auf Asyl zu kippen,"

PRO ASYL fordert in dieser Situation eine große Koalition für und nicht gegen Flüchtlinge. Diese müsse sich mit aller Kraft dem gefährlicher werdenden Rechtsextremismus entgegenstemmen. Dabei sollten sich die Parteien aber bewußt bleiben, daß nicht die Flüchtlinge das Problem Nr.1 dieser Republik sind, sondern die wachsende Arbeitslosigkeit und Armut in Ostdeutschland. "Unmittelbar erforderlich sind", so Leuninger, "ausreichender Polizeischutz für gefährdete Wohnheime, die menschenwürdige Unterbringung von Asylbewerbern, die Auflösung von Großlagern und der Stopp der nutz- und hilflosen Asyldiskussion".

19. August 1992

PROTEST GEGEN ROMA-ABSCHIEBUNG

PRO ASYL verurteilt die Mißachtung des Kirchenasyls in Münster durch einen rigorosen Polizei-Einsatz und die Verhaftung der Roma-Familie Mustafoy.

Es ist mit humanitären Vorstellungen unvereinbar, daß Angehörige einer im ehemaligen Jugoslawien diskriminierten Minderheit nun in eine durch Nationalismus und Terror bestimmte Krisen-Region abgeschoben werden sollen.

PRO ASYL setzt sich für ein Bleibe-Recht für alle Roma ein.


12. August 1992

Vietnamesische Asylbewerber
Reintegrationsabkommen contra Abschiebeschutz?
Verwaltungsgericht entscheidet

PRO ASYL zeigt sich besorgt darüber, daß der Asyl- bzw. Abschiebeschutz für Asylbewerber aus Vietnam wegen eines Regierungsabkommens zwischen der Bundesrepublik und Vietnam entfallen könnte. Hierüber wird das

Verwaltungsgericht Wiesbaden

am Mittwoch den 19. August 1992

um 11.45 Uhr im Raum 32

befinden.

Es geht um die Klage von vietnamesischen Asylbewerbern, deren Antrag auf Anerkennung als politische Flüchtlinge von Zirndorf abgelehnt wurde und die ihre Anerkennung, zumindest aber einen Abschiebeschutz nach § 51 Ausländergesetz gerichtlich zu erreichen suchen.

Hierbei wird das "Abkommen über Finanzierungshilfen zur Existenzgründung und beruflichen Eingliederung von Fachkräften der Sozialistischen Republik Vietnam" , das die Bundesregierung am 9.Juni 1992 mit dein kommunistischen Staat abgeschlossen hat, eine entscheidende Rolle spielen. Es sieht personenbezogene Leistungen für vietnamesische Fachkräfte vor, die freiwillig nach Vietnam zurückkehren &xnbsp;In einem Protokollvermerk verzichtet die vietnamesische Seite für diesen Personenkreis auf jegliche Ahndung von Verstößen gegen die eigenen Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit der Ausreise aus Vietnam und dem Aufenthalt in Deutschland. Eine Amnestie für alle Rückkehrer ist dabei nicht vorgesehen.

Was dieses Abkommen asylrechtlich zu bewerten und wie die Gefährdungslage für vietnamesische Rückkehrer einzuschätzen ist, dazu liegen dem Wiesbadener Gericht gegensätzliche Gutachten vor.

Nach PRO ASYL wächst unter vietnamesischen Asylbewerbern die Angst, sie müßten mehr oder weniger freiwillig in das Reintegrationsprogramm eintreten, um einer Abschiebung zuvorzukommen. Dabei vertraut niemand von ihnen darauf, daß die Heimatregierung ihre Zusagen einhält. Ohnehin sind deutscherseits keine Kontrollmaßnahmen vorgesehen.


12. August 1992

Formelhafte Einsprüche des Bundesbeauftragten

Stellungnahme für den

HESSISCHEN RUNDFUNK, Hörfunk

Bürgerkriegsflüchtlinge - verstehe es, wer will - sind keine politischen Flüchtlinge. Daher macht es sich der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten einfach. Gegen Anerkennungen, die ohnehin schon restriktiv genug erfolgen, klagt er formelhaft. So macht er es bei Flüchtlingen aus Sri Lanka, so hat er es bei Asylbewerbern aus Eritrea gemacht, so wird er es bei Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina halten, sollten denn welche doch noch als asylberechtigt anerkannt werden.

Er muß es wohl tun, denn er ist von &xnbsp;Gesetzes wegen an die Weisungen des Bundesinnenministers gebunden. Dessen und seiner Vorgänger Politik ist es aber, die Anerkennungsquote möglichst niedrig zu halten.

Wie anders ist dagegen das Amt des Bundesbeauftragten für Aussiedler! Der darf und soll sich einsetzen für Aussiedler. Davon können Asylbewerber nur träumen.

Ein Bundesbeauftragter für Asylangelegenheiten, das persönliche Element ist bereits im Namen eliminiert, ist gemessen an anderen Bundesbeauftragten und ihrer Schutzfunktion fast eine Perversion. Im Rahmen einer wirklichen Beschleunigung der Verfahren hätte man auf einen solchen Beauftragten leicht verzichten können. Er zieht Tausende Verfahren unnötig in die Länge und dies noch auf eine rechtsstaatlich bedenkliche Weise.


8. Juni 1992

Protest gegen Visa-Prozedur für Balkan-Flüchtlinge

 

Offener Brief

per Telefax

An den
Bundesminister des Innern
Herrn Rudolf Selters
Graurheindorfer Str. 198

5300-Bonn 1

Protest gegen Visa-Prozedur für Balkan-Flüchtlinge

&xnbsp;Sehr geehrter Herr Bundesminister Seiters!

Hiermit protestiere ich als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL in aller Schärfe gegen die bürokratischen Hürden, die Sie für die Erteilung eines Visums für Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina errichtet haben.

Ein Frankfurter Mitglied von PRO ASYL, das in der vergangenen Woche versucht hat, einen mit ihm verwandten Flüchtling aus Bosnien am deutsch/österreichischen Grenzübergang Suben/Neuhaus (BAB) abzuholen, hat unserem Büro unter dem 5.6.1992 folgende Vorgänge zu Protokoll gegeben!

1.Juni Frankfurt

- Nachricht, daß dem Verwandten die Flucht nach Österreich geglückt ist.

- Beratung durch Rechtsanwälte und das Büro des Flüchtlingshochkommissariates in Bonn.

2. Juni, Nachmittag, Grenzübergang Suben/Neuhaus (BAB)

- Fahrt nach Österreich unter Mitnahme einer Verdienstbescheinigung, einer Kostenübernahmegarantie und einer Kopie des Hessischen Duldungserlasses für Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina.

- Der Beamte am Grenzübergang Suben/Neuhaus verweigert die Ausstellung eines Visums.

- Der Grenzbeamte führt ein Telefongespräch mit Ihrem Haus. Er wird angewiesen, die Zurückweisung zu verfügen.

- Information durch den Beamten: Ein Visum könne nur ausgestellt werden, wenn die Ausländerbehörde von Frankfurt eine "Vorabzustimmung" erteilt und an die Grenzstation faxt.

- Inzwischen ist es 18.00 Uhr. Übernachtung in Österreich.

3.Juni, Grenzübergang Suben/Neuhaus

- Die erforderlichen Unterlagen werden über das Fax-Gerät einer hilfsbereiten Baufirma nach Frankfurt gefaxt. (Die umliegenden Postämter verfügen über keine entsprechenden Geräte).

- Die Frankfurter Ausländerbehörde erklärt sich gegen 12 Uhr grundsätzlich dazu bereit eine "Vorabzustimmung" zu erteilen. Zuvor müsse aber beim Ausländerzentralregister in Bonn angefragt werden.

- Gegen 13 Uhr teilt die Frankfurter Behörde mit, wegen eines technischen Defektes könne die Auskunft beim Ausländerzentralregister derzeit nicht eingeholt werden.

4.Juni, Grenzübergang Suben/Neuhaus

- Um 8.30 liegt die Vorabzustimmung bei der Grenzbehörde vor. Die Grenzbehörde erteilt gegen eine Gebühr von DM 40,-- ein touristisches Ausnahmevisum mit dem Vermerk "Erwerbstätigkeit nicht gestattet".

Sehr geehrter Herr Minister, dieser Vorgang spottet jeder Beschreibung und erinnert eher an die Abschottungspraxis der früheren DDR. Dies alles hat nichts mehr mit der durch unsere Verfassung und die Genfer Flüchtlingskonvention gebotenen Aufnahme von Flüchtlingen zu tun. Wie soll ein "normaler" Flüchtling, der keinen Asylexperten zur Seite hat, unter diesen Bedingungen auf legale Weise in die Bundesrepublik kommen? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir und der Öffentlichkeit dies erläutern könnten.

Mit freundlichen Grüßen!

gez. H. Leuninger
Sprecher


22. Mai 1992

Bosnische Flüchtlinge
KEIN HAMMELSPRUNG AN DER GRENZE

Einen Hammelsprung für Flüchtlinge an der deutschen Grenze lehnt die Flüchtlingsorganisation PRO ASYL entschieden ab. "Alle Flüchtlinge, die serbischem Terror oder ethnischer Massakrierung entkommen sind, müssen aufgenommen werden", forderte PRO ASYL Sprecher Herbert Leuninger. Ohnehin gelte dies unabhängig von einem Visum für jeden Flüchtling, der Asyl beantragt.

Es dürfe kein Aussortieren von Flüchtlingen nach bestimmten Kriterien wie verwandtschaftliche Beziehungen oder der Grad einer Verwundung geben. "Wenn Schweden in der Lage ist, täglich 1000 Flüchtlinge aus dem Balkan aufzunehmen, könnten es in der Bundesrepublik - auf die Zahl der Bevölkerung bezogen - jeden Tag Tausende sein", erklärte der PRO ASYL Sprecher.

Sollte hierfür das normale politische Instrumentarium nicht ausreichen, wären Krisenstäbe zu bilden. Sie müßten, mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet, Flüchtlinge notfalls auch gegen den Widerstand von Bürgermeistern in öffentlichen Gebäuden unterbringen.


20.5.1992

GRENZWACHT

 

FRÜHKOMMENTAR
Im Saarländischen Rundfunk

Die Brutalität des serbisch-bosnischen Krieges ist kaum noch zu überbieten. Sie stellt das meiste in den Schatten, was an Greueln aus anderen Krisengebieten der Welt gemeldet wird. Inzwischen sind mehr als eine Million Menschen auf der Flucht.

Die Beamten des Bundesgrenzschutzes haben aus Bonn Anweisung, keine Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina ohne Visum in die Bundesrepublik zu lassen.

Es handelt sich um eine Perversion der Menschlichkeit. Um Bosnien-Herzegowina vor den serbischen Kriegsverbrechern zu schützen, hat die Bundesrepublik das kleine Land kürzlich völkerrechtlich anerkannt. Jetzt wird den Flüchtlingen daraus ein Strick gedreht, weil dieses Land noch nicht auf der Positivliste der Länder steht, die von der Visapflicht ausgenommen sind.

Gestern nun hat die bayerische Staatsregierung an die Bundesrepublik appelliert, in Abstimmung mit Österreich und der Schweiz eine Aufnahmeaktion für bosnische Flüchtlinge zu starten und vor allem Verwundete, Waisenkinder und Frauen mit Kindern aufzunehmen. Selbst dieser humanitär begründete Vorschlag bleibt weit hinter den Aufnahmeverpflichtungen der Bundesrepublik zurück. Bayern will nämlich nur eine Aufnahme von Flüchtlingen entsprechend den zur Verfügung stehenden Unterbringungsmöglichkeiten.

Sind diese nicht, wie es seit Monaten aus Bayern tönt, längst erschöpft?

Sowohl die Genfer Flüchtlingskonvention als auch das Grundgesetz verbieten eine Zurückweisung von Flüchtlingen, die an Leib und Leben bedroht sind. Da wird auch nicht nach den Aufnahmekapazitäten gefragt. Die müssen irgendwie geschaffen werden.

Schweden nimmt derzeit täglich 1000 Flüchtlinge aus Bosnien auf. Gemessen daran müßte die Bundesrepublik aufgrund ihrer Bevölkerungszahl jeden Tag fast 10000 aufnehmen.

Sollten weiterhin Flüchtlinge aus Bosnien und anderen Kriegsgebieten an unserer Grenze zurückgewiesen werden, verliert die Bundesrepublik jedes Recht sich noch als humanitären Staat zu bezeichnen.


18. April 1992

Flüchtlinge aus Jugoslawien
Grenzen öffnen
Abschiebestopp verlängern

Mit den Forderungen, die Grenzblockade für Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien sofort zu beenden und den Abschiebestopp für Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet zu verlängern, hat sich die Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL an Bundesinnenminister Rudolf Seiters gewandt.

Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina, aber auch aus den Terrorregionen des früheren Jugoslawien an der Grenze zur Bundesrepublik zurückzuweisen, sei weder mit dem Zurückweisungsverbot der Genfer Flüchtlingskonvention noch mit dem Grundgesetz und dem dort garantierten Recht auf Leben vereinbar, heißt es in dem Schreiben von PRO ASYL an Seiters.

Gleichzeitig fordert PRO ASYL, dass der Innenminister einen&xnbsp; generellen Abschiebstopp für Flüchtlinge aus dieser Krisenregion erlässt, die sich geduldet in der Bundesrepublik aufhalten. Die Besetzung von Schulen und Gemeinden durch feindliche Truppen, die Zerstörung und Brandschatzung ganzer Regionen, drohende Hungersnöte wegen einer zusammen gebrochenen Versorgung, würden für noch nicht absehbare Zeit jede Abschiebung verbieten.

„Rufen Sie den Bundesgrenzschutz an der Grenze und die Behörden im Inland auf, alles nur Erdenkliche zu tun, um Flüchtlinge aufzunehmen und zu versorgen“, fordert PRO ASYL- Sprecher Herbert Leuninger von Seiters. Das diplomatische Versagen der Europäischen Gemeinschaft den Krieg zu stoppen, dürfe nicht in einem inhumanen Desaster gegenüber Flüchtlingen enden. Die größte Flüchtlingskrise in Europa seit dem 2. Weltkrieg und einer der brutalsten Kriege der jüngsten Zeit verlange eine qualitativ andere Antwort als eine humanitätsvergessene Abwehr.&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;


25. März 1992

Großlager für Flüchtlinge
KASERNIERUNG TOTAL
Betreiben durch Wohlfahrtsverbände?

"Als mit den Zielen sozialer Organisationen kaum vereinbar ist die Übernahme von Trägerschaften der neuen Großlager für Flüchtlinge". Dies erklärte Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL zu den in allen Bundesländern eiligst eingerichteten Sammelunterkünften. Anlaß für diese Stellungnahme ist die Anfang März an die Wohlfahrtsverbände gerichtete Ausschreibung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Übernahme der Betreuung und Versorgung der Asylbewerber in einer der 14 vorgesehenen Aufnahmeeinrichtungen des Landes.

"Die Sammellager sind Einrichtungen mit Internierungscharakter. Nach dem geplanten Asylverfahrensgesetz erhält die Lagerverwaltung Polizeibefugnisse. Ein Flüchtling darf das Lager nur aus zwingenden Gründen verlassen. Bei Verstößen hiergegen kann er im Wiederholungsfall mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verurteilt werden. Ein Flüchtling wird zur Fahndung ausgeschrieben, wenn er sich nicht rechtzeitig im Lager einfindet oder länger als eine Woche abwesend ist. Familien droht eine getrennte Unterbringung. In den Lagern werden alle Flüchtlinge erkennungsdienstlich behandelt. Auch sind zur Beschleunigung des Verfahrens Lagerrichter vorgesehen."

Da es sich in der Mehrheit der Fälle auch um freiwerdende Militärunterkünfte handele, könne das asylpolitisch verfehlte Großexperiment nur als Kasernierung mit bedenklichem historischen Hintergrund bezeichnet werden. Dies stelle eine Belastung für die Flüchtlinge dar und dürfte ablehnende und fremdenfeindliche Reaktionen aus der Bevölkerung hervorrufen, so PRO ASYL-Sprecher Leuninger.


19.2.1992

Asylverfahrensgesetz
RECHTSSTAATLICHKEIT
Keiner Fußnote wert

Nicht einmal einer Fußnote wert sind der SPD die rechtsstaatlichen Bedenken gegen das geplante Asylverfahrensgesetz. Ihre Änderungswünsche beziehen sich lediglich auf die finanzielle Entlastung der Länder (kostenlose Überlassung der Kasernen und volle Zuständigkeit des Bundes bei der Abwicklung der Verfahren).

Jeder Experte weiß, daß das Gesetz mit den vorgegebenen Fristen nicht funktionieren kann. Es dennoch in dieser Form vorzulegen, zeigt das schamlose Bemühen der großen Parteien, das Wahlvolk wie eine Herde dummer Schafe vor sich her an die Urnen zu treiben.

Das politische Desaster einer fehlenden Opposition in diesem für unsere Verfassung sensiblen Bereich zwingt zu verstärkter Bürgeraktion. PRO ASYL unterstützt den wachsenden Protest durch Aktionsaufrufe, Annoncen in verschiedenen Publikationsorganen und durch die gezielte Verbreitung eines Flugblattes. Hierbei geht es um die Sammlung von Unterschriften, die dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages anläßlich der Beratungen des Gesetzes überreicht werden sollen.

PRO ASYL fordert die Herausnahme des Entwurfes aus dem Gesetzgebungsverfahren. Dafür sollte das vorhandene Kontingentflüchtlingsgesetz auf Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebiete angewendet werden. Damit könnten allein mindestens 70.000 Flüchtlinge aus dem kroatischen Bürgerkriegsgebiet vom Asylverfahren ausgenommen werden, in das sie durch behördlichen Asylmißbrauch gedrängt wurden. Allerdings müßte dann auch, wie es die Hessische Familienministerin Iris Blaul gefordert hat, ein Sozialfonds zur Versorgung dieser Flüchtlinge geschaffen werden.


12. Februar 1992

Zusatzabkommen von Schengen
VERTRAG GEGEN FLÜCHTLINGE
Immer höhere Barrieren

"Das Zusatzabkommen von Schengen, dem das Bundeskabinett heute zugestimmt hat, ist der erste internationale Vertrag nach dem 2.Weltkrieg, der gegen Flüchtlinge gerichtet ist", erklärte Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL. Er diene auch widerrechtlich als Vorwand, Artikel 16 Grundgesetz in seiner Substanz zu verändern.

Die Einführung einer gemeinsamen Visa-Pflicht für über hundert Staaten, die Abweisung von Flüchtlingen an den neuen Außengrenzen, und die Bestrafung von Fluggesellschaften, die Flüchtlinge ohne ausreichende Reisedokumente befördern, ziele auf die Abschottung vor Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten. Ein vorgesehener Datenaustausch über Asylbewerber und ihre Verfahren schließe den Mißbrauch und dabei vor allem den Zugriff fremder Geheimdienste auf Informationen nicht aus. Dadurch würden Angehörige und Freunde in der Heimat gefährdet.

Mit Schengen werde überdies nicht nur die Mitsprache des Europäischen Parlaments sondern auch die Einschaltung des Europäischen Gerichtshofes ausgeschlossen.

"Auch Schengen ändert nichts an den Fluchtursachen, sondern bedeutet für ungezählte Flüchtlinge bei Abweisung an der Grenze Gefahr für Leib und Leben", erklärte PRO ASYL.


22. Januar 1992

Neuregelung des Asylverfahrens
AP-Meldung

Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl und der Republikanische Anwältinnen- und Anwälte-Verein haben die Bonner Pläne zur Neuregelung der Asylverfahren als einen Angriff auf die Verfassung verurteilt. Der Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Rudolf Seiters sei in mehreren Einzelpunkten verfassungswidrig und zur Beschleunigung der Asylverfahren völlig ungeeignet, sagte der Sprecher von Pro Asyl, Pfarrer Herbert Leuninger, am Mittwoch in Frankfurt.

Der Regierungsentwurf mit knapp 100 Paragraphen sehe die Einführung einer Art Sonderjustiz für Asylverfahren vor, die höchst bedenklich sei, erklärten die Sprecher beider Organisationen. Die Einsetzung obligatorischer Einzelrichter ohne Möglichkeit zur Anfechtung des Verfahrens verstoße gegen die Verfassung. Einen weiteren gravierenden Verstoß bedeute die Vorschrift, daß Asylverfahren automatisch als beendet gelten sollen, wenn sie nicht innerhalb eines Monats betrieben werden. Schließlich sei auch die geplante Einrichtung von Sammellagern und die Festsetzung eines neuen speziellen Haftgrunds für Asylbewerber unannehmbar. So solle nach dem Willen von Seiters gegen Asylbewerber, die die Sammellager ohne Genehmigung verließen, eine Haftstrafe verhängt werden.

Leuninger äußerte die Befürchtung, mit dem Gesetzentwurf solle inhaltlich und taktisch eine Grundgesetzänderung zum Asylrecht vorbereitet werden. Der Frankfurter Rechtsanwalt Helmut Bäcker vertrat die Auffassung, vor allem Mißmanagement der Behörden und Personalmangel seien verantwortlich für die lange Dauer der Asylverfahren.


14.Januar1992

Abschiebung in die Türkei
GRAUSAME GESETZESLOGIK
Abschiebestopp für Türkei

Die Abschiebung von Kurden in die Türkei gehört zur grausamen Gesetzeslogik des Jahres 1992." Dies erklärte Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft von PRO ASYL zu der gestrigen Abschiebung eines kurdischen Familienvaters aus Hofheim nach Istanbul.

Morgens vor sechs Uhr habe, so Leuninger nach einem Gespräch mit der Frau des abgeschobenen Kurden, die Polizei auf Veranlassung der Ausländerbehörde des Main- Taunus-Kreises Herrn U. abgeholt, dessen Asylantrag rechtskräftig abgelehnt worden war. Seine Frau und die dreijährige Tochter konnten vorerst bleiben. Für die Familie, deren bescheidene Unterkunft in der Nacht zum Buß- und Bettag von rechtsextremen jungen Männern angegriffen worden war, sei die Ausweisung noch bedrohlicher als die in ihre Küche geschleuderte und mit Farbe gefüllte Flasche, erklärte Leuninger

Die mit der Trennung von der Familie verbundene Ausweisung des Familienvaters nach Istanbul stoße diesen in ein soziales Niemandsland und beraube ihn jeder Möglichkeit, seine Familie zu unterstützen. Leuninger forderte die Rückkehr von Herrn U., der seit Monaten durch eigener Hände Arbeit über das notwendige Einkommen verfüge.

"PRO ASYL appelliert an Bundesinnenminister Rudolf Seiters, den mit dem 31.12.1991 abgelaufenen Abschiebestopp für Kurden aus der Türkei zu verlängern, bis dort die Einhaltung der Menschen- und Minderheitenrechte gegenüber Kurden gewährleistet ist", erklärte der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft. In der Südost-Türkei herrsche praktisch ein Bürgerkrieg, in dem Polizei und Militär brutal alle Bestrebungen selbst kultureller und politischer Selbstbestimmung unterdrückten. Für jeden Kurden sei die Türkei mittlerweile ein Besatzungsregime.


6.Januar.1992

Neuregelung des Asylverfahrens
ENTWURF MACHWERK DER ABWEHR
Anhörung gefordert

Eine Anhörung von Rechts- und Asylexperten zum Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens fordert die Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL vom Bundestag.

"Der den Ländern und Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen vom Bundesinnenministerium vorgelegte Entwurf strotzt vor Rechtsverschlechterungen", erklärte PRO ASYL-Sprecher Herbert Leuninger. Diese gingen weit über das hinaus, was in dem bereits als bedenklich einzustufenden Asylkompromiß von CDU/CSU, FDP und SPD zu Schnellverfahren und Sammellagern vereinbart worden sei. So enthalte der Arbeitsentwurf u.a. Bestimmungen, mit denen Asylbewerbern mit ungeklärter Identität - das ist ein großer Teil - Gefängnis drohe. Auch ließen die verkürzten Fristen kaum noch die Chance einer anwaltlichen Vertretung zu. "Der Gesetzesentwurf ist ein Machwerk der Flüchtlingsabwehr", so Leuninger.

Angesichts der großen Koalition in der Asylpolitik bestehe die Gefahr, daß auch SPD und FDP rechtswidrige Kröten schluckten. Erfahrungsgemäß seien selbst Bundestagsabgeordnete, die sich als mit der Materie vertraut betrachteten, höchst überrascht, wenn ihnen Experten die Augen über die Konsequenzen einzelner Paragraphen öffneten.

Sollten Bundesinnenministerium oder Bundestag keine Anhörung anberaumen, will PRO ASYL ein entsprechendes Hearing in Bonn über andere Organisationen erreichen.


1991

Presseerklärungen

1993