Herbert Leuninger ARCHIV ASYL

Presserklärungen 1995
Europäischer Flüchtlingsrat

1988 - 1989 - 1990 - 1991 - 1992 - 1993 - 1994

14. Dezember 1995
Nach dem Friedensschluss von Paris
E uropäischer Flüchtlingsrat:CX
Keine Alleingänge bei der Rückführung bosnischer Flüchtlinge

23. November 1995
Neuer Flüchtlingsbegriff in der EU:
Flüchtlinge wegdefiniert!

22. Februar 1995
"Sichere Drittstaaten - Mythos und Realität"
EUROPÄISCHER FLÜCHTLINGSRAT:
EU-LÄNDER GEFÄHRDEN LEBEN UND FREIHEIT VON ASYLBEWERBERN

 


14. Dezember 1995

Nach dem Friedensschluss von Paris
Europäischer Flüchtlingsrat:
Keine Alleingänge bei der Rückführung bosnischer Flüchtlinge

Der EUROPÄISCHE FLÜCHTLINGSRAT ( ECRE (1)) hat alle Regierungen. die bosnische Flüchtlinge aufgenommen haben, vor Alleingängen bei deren Rückführung nach dem Pariser Friedensschluß gewarnt. Getrennte Abmachungen einzelner Länder mit Bosnien würden eine umfassende Rückkehrlösung torpedieren. Dies teilte Herbert Leuninger, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der in London ansässigen Asylorganisation, mit. Alle Mitglieder seien gebeten worden, In entsprechender Weise auf ihre Regierungen einzuwirken. In Deutschland gehören dem Flüchtlingsrat neben PRO ASYL die großen Wohlfahrtsverbände an.

Leuninger hält die Bundesrepublik für einen "Kandidaten bilateraler Hast". Nach unbestätigten Informationen sind bereits erste Verhandlungen mit Bosnien-Herzegovina noch vor dem Weihnachtsfest angesetzt. Deutschland sieht sich offiziell als Land, das nach Kroatien die größte Last der Flucht getragen hat. So wird immer wieder das Interesse an einer möglichst schnellen Rückkehr dieser Menschen bekundet.

Deutschland hat zwar - so Leuninger - absolut die meisten Bosnien-FlüchtIinge aufgenommen. Dies gilt aber nicht bezogen auf die Einwohner. So hat Österreich auf je hunderttausend Einwohner 558 Flüchtlingen vorübergehende Zuflucht gewährt. Auch Schweden mit 558 und die Schweiz mit 468 auf hunderttausend Einwohnern stehen noch vor der Bundesrepublik. Dort sind es bei einer Zahl von 350.000 Bosnien-Flüchtlingen nur 431 pro 100.000 (Quelle: FAZ-Grafik vom 11.8.1995).

Der EUROPÄISCHE FLÜCHTLINGSRAT besteht darauf, daß jede Rückkehr freiwillig erfolgt. Flüchtlinge, die zwar zurückgekehrt sind; aber in der Heimat nicht mehr Fuß fassen können, sollen für sechs Monate eine Rückkehroption erhalten. Auch müßten sich die Aufnahmeländer darauf einstellen, Flüchtlingen dann einen Daueraufenthalt zu gewähren, wenn sie in der Heimat nicht akzeptiert werden und dort nicht mehr in Sicherheit und unter Wahrung ihrer Menschenwürde leben können.

Herbert Leuninge,
Europareferent von PRO ASYL


23. November 1995

Neuer Flüchtlingsbegriff in der EU:
Flüchtlinge wegdefiniert!

"Die von den EU-Innenministern beschlossene Richtlinie zum Flüchtlingsbegriff versucht Flüchtlinge möglichst wegzudefinieren". Das erklärte Herbert Leuninger, Europareferent von PRO ASYL und Vorstandsmitglied des EUROPÄISCHEN FLÜCHTLINGSRATES<BR> (ECRE (1) ).

Trotz des Zusammenbruchs staatlicher Ordnung in vielen Verfolgerländern, geht die Richtlinie nach wie vor davon aus, daß politische Verfolgung generell eine Sache des Staates ist. Werden Menschen von bewaffneten Milizen, rebellierenden Verbänden oder feindlichen Volksgruppen verfolgt, wird ihnen im Aufnahmeland ein schwieriger Nachweis abverlangt. Sie müssen die Behörden davon überzeugen, daß die eigene Regierung ihre Verfolger ermutigt oder zumindest geduldet hat. "Nach den Massakern in Somalia, Ruanda und Bosnien stellen wir bei den Ministern einen bedenklichen Realitätsverlust fest", erklärte Leuninger. Dabei unterscheide die Genfer Flüchtlingskonvention nicht nach den Verursachern einer Verfolgung.

Nicht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ist es auch, wenn Flüchtlinge aus Bürgerkriegen und bewaffneten Konflikten generell vom Asylschutz ausgeschlossen werden. Dabei dürften gerade unter ihnen viele Menschen sein, für die die Genfer Flüchtlingskonvention ursprünglich gedacht war.

Vehement wehrt sich ECRE schließlich gegen die durch die Richtlinie geschaffene Möglichkeit, Flüchtlinge in den Teil eines Herkunftslandes, der als "sicher" angesehen wird, zurückzuschieben. "Dies ist ein Bruch mit dem Abschiebungsverbot der Genfer Flüchtlingskonvention". Danach dürfen Flüchtlinge auf keinen Fall in ein Land zurückgeschickt werden, in denen ihr Leben und ihre Freiheit bedroht sind.

Herbert Leuninge
Vorstandsmitglied des Europäischen Flüchtlingsrates (ECRE)

(1) Der Europäische Flüchtlingsrot ist ein Zusammenschluß von 50 Flüchtlingsorganisationen in Europa und hat seinen Sitz in London.


22. Februar 1995

"Sichere Drittstaaten - Mythos und Realität"
EUROPÄISCHER FLÜCHTLINGSRAT:
EU-LÄNDER GEFÄHRDEN LEBEN UND FREIHEIT VON ASYLBEWERBERN

Eine Untersuchung des Europäischen Flüchtlingsrates (ECRE (1) ), die heute in Brüssel vorgestellt wird, belegt, daß die gemeinsame Asylpolitik der westeuropäischen Staaten im direkten Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention Leben und Freiheit von Flüchtlingen aufs Spiel setzt.

"Sichere Drittstaaten - Mythos und Realität" ist der Titel der Untersuchung, die ECRE über sechs Monate hinweg durchgeführt hat. Dabei wurde das Schicksal von Asylbewerbern verfolgt, die in sogenannte sichere Drittstaaten zurückgeschickt worden waren.

Die Ergebnisse der Untersuchung belegen die Kritik von Rechtsanwälten und Betreuungsorganisationen, daß die Zurückweisung von Asylbewerbern häufig unter Mißachtung des Rechts, Asyl zu beantragen, auf Kettenabschiebungen hinausläuft. In einigen Fällen führten diese sogar zur erzwungenen Rückkehr in das Herkunftsland des Flüchtlings.

Das Übereinkommen über sichere Drittländer wurde 1992 in London von den EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnet ("Schlußfolgerungen der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister der EU" vom 30.11./1.12,1992,London). Mit einigen Ausnahmen legt es fest, daß jeder Asylbewerber, der in einem EU-Land ankommt, in das Land abgeschoben werden kann, durch das er/sie gereist ist. Dies kann geschehen, ohne daß dem Asylbewerber die Einreise gestattet, und ohne daß sein Asylbegehren geprüft würde.

Die ECRE-Untersuchung läßt für PRO ASYL das Mitglied des Europäischen Flüchtlingsrates ist, keinen Zweifel daran, daß die "sichere" Drittstaaten-Regelung die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 verletzt.

ECRE hat mit seinen insgesamt 50 Mitgliedsorganisationen eine europaweite Kampagne gegen diese Regelung geplant.

Herbert Leuninger, Europareferent von PRO ASYL und Vertreter der Organisation bei ECRE hofft, daß diese Kampagne durch das in Kürze zu erwartende Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum neuen Asylrecht unterstützt wird.

Herbert Leuninger
Europareferent von PRO ASYL

European Council on Refugees and Exiles


1994

Presseerklärungen