Presserklärungen 1995
Europäischer Flüchtlingsrat
14. Dezember 1995
Nach dem Friedensschluss von Paris
E uropäischer Flüchtlingsrat:CX
Keine Alleingänge bei der Rückführung
bosnischer Flüchtlinge
23. November 1995
Neuer Flüchtlingsbegriff in der EU: Flüchtlinge wegdefiniert!
22. Februar 1995 "Sichere Drittstaaten - Mythos und Realität"
EUROPÄISCHER FLÜCHTLINGSRAT:
EU-LÄNDER GEFÄHRDEN LEBEN UND FREIHEIT VON ASYLBEWERBERN
14. Dezember 1995
Der EUROPÄISCHE FLÜCHTLINGSRAT
( ECRE
(1)) hat alle Regierungen.
die bosnische Flüchtlinge aufgenommen
haben, vor Alleingängen bei deren
Rückführung nach dem Pariser
Friedensschluß gewarnt. Getrennte
Abmachungen einzelner Länder mit Bosnien
würden eine umfassende Rückkehrlösung
torpedieren. Dies teilte Herbert Leuninger,
Mitglied des geschäftsführenden
Vorstandes der in London ansässigen
Asylorganisation, mit. Alle Mitglieder
seien gebeten worden, In entsprechender
Weise auf ihre Regierungen einzuwirken.
In Deutschland gehören dem Flüchtlingsrat
neben PRO ASYL die großen Wohlfahrtsverbände
an.
Leuninger hält die
Bundesrepublik für einen "Kandidaten
bilateraler Hast". Nach unbestätigten
Informationen sind bereits erste Verhandlungen
mit Bosnien-Herzegovina noch vor dem Weihnachtsfest
angesetzt. Deutschland sieht sich offiziell
als Land, das nach Kroatien die größte
Last der Flucht getragen
hat. So wird immer wieder das Interesse
an einer möglichst schnellen Rückkehr
dieser Menschen bekundet.
Deutschland hat zwar - so Leuninger - absolut die meisten Bosnien-FlüchtIinge aufgenommen. Dies gilt aber nicht bezogen auf die Einwohner. So hat Österreich auf je hunderttausend Einwohner 558 Flüchtlingen vorübergehende Zuflucht gewährt. Auch Schweden mit 558 und die Schweiz mit 468 auf hunderttausend Einwohnern stehen noch vor der Bundesrepublik. Dort sind es bei einer Zahl von 350.000 Bosnien-Flüchtlingen nur 431 pro 100.000 (Quelle: FAZ-Grafik vom 11.8.1995).
Der EUROPÄISCHE FLÜCHTLINGSRAT besteht darauf, daß jede Rückkehr freiwillig erfolgt. Flüchtlinge, die zwar zurückgekehrt sind; aber in der Heimat nicht mehr Fuß fassen können, sollen für sechs Monate eine Rückkehroption erhalten. Auch müßten sich die Aufnahmeländer darauf einstellen, Flüchtlingen dann einen Daueraufenthalt zu gewähren, wenn sie in der Heimat nicht akzeptiert werden und dort nicht mehr in Sicherheit und unter Wahrung ihrer Menschenwürde leben können.
Herbert
Leuninge,
Europareferent von PRO ASYL
23. November 1995
"Die von den EU-Innenministern beschlossene
Richtlinie zum Flüchtlingsbegriff
versucht Flüchtlinge möglichst
wegzudefinieren". Das erklärte Herbert
Leuninger, Europareferent von PRO ASYL
und Vorstandsmitglied des EUROPÄISCHEN
FLÜCHTLINGSRATES<BR> (ECRE
(1) ).
Trotz des Zusammenbruchs staatlicher Ordnung in vielen Verfolgerländern, geht die Richtlinie nach wie vor davon aus, daß politische Verfolgung generell eine Sache des Staates ist. Werden Menschen von bewaffneten Milizen, rebellierenden Verbänden oder feindlichen Volksgruppen verfolgt, wird ihnen im Aufnahmeland ein schwieriger Nachweis abverlangt. Sie müssen die Behörden davon überzeugen, daß die eigene Regierung ihre Verfolger ermutigt oder zumindest geduldet hat. "Nach den Massakern in Somalia, Ruanda und Bosnien stellen wir bei den Ministern einen bedenklichen Realitätsverlust fest", erklärte Leuninger. Dabei unterscheide die Genfer Flüchtlingskonvention nicht nach den Verursachern einer Verfolgung.
Nicht im Sinne der Genfer
Flüchtlingskonvention ist es auch,
wenn Flüchtlinge aus Bürgerkriegen
und bewaffneten Konflikten generell vom
Asylschutz ausgeschlossen werden. Dabei
dürften gerade unter ihnen viele Menschen
sein, für die die Genfer Flüchtlingskonvention
ursprünglich gedacht war.
Vehement wehrt sich ECRE
schließlich gegen die durch die Richtlinie
geschaffene Möglichkeit, Flüchtlinge
in den Teil eines Herkunftslandes, der
als "sicher" angesehen wird, zurückzuschieben.
"Dies ist ein Bruch mit dem Abschiebungsverbot
der Genfer Flüchtlingskonvention".
Danach dürfen Flüchtlinge auf
keinen Fall in ein Land zurückgeschickt
werden, in denen ihr Leben und ihre Freiheit
bedroht sind.
Herbert
Leuninge
Vorstandsmitglied des Europäischen
Flüchtlingsrates (ECRE)
(1) Der Europäische
Flüchtlingsrot ist ein Zusammenschluß
von 50 Flüchtlingsorganisationen in
Europa und hat seinen Sitz in London.
22. Februar 1995
Eine Untersuchung des Europäischen Flüchtlingsrates
(ECRE
(1)
), die heute in Brüssel vorgestellt
wird, belegt, daß die gemeinsame Asylpolitik
der westeuropäischen Staaten im direkten
Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention
Leben und Freiheit von Flüchtlingen
aufs Spiel setzt.
"Sichere Drittstaaten - Mythos und Realität" ist der Titel der Untersuchung, die ECRE über sechs Monate hinweg durchgeführt hat. Dabei wurde das Schicksal von Asylbewerbern verfolgt, die in sogenannte sichere Drittstaaten zurückgeschickt worden waren.
Die Ergebnisse der Untersuchung belegen die Kritik von Rechtsanwälten und Betreuungsorganisationen, daß die Zurückweisung von Asylbewerbern häufig unter Mißachtung des Rechts, Asyl zu beantragen, auf Kettenabschiebungen hinausläuft. In einigen Fällen führten diese sogar zur erzwungenen Rückkehr in das Herkunftsland des Flüchtlings.
Das Übereinkommen über sichere Drittländer wurde 1992 in London von den EU-Mitgliedsstaaten unterzeichnet ("Schlußfolgerungen der für Einwanderungsfragen zuständigen Minister der EU" vom 30.11./1.12,1992,London). Mit einigen Ausnahmen legt es fest, daß jeder Asylbewerber, der in einem EU-Land ankommt, in das Land abgeschoben werden kann, durch das er/sie gereist ist. Dies kann geschehen, ohne daß dem Asylbewerber die Einreise gestattet, und ohne daß sein Asylbegehren geprüft würde.
Die ECRE-Untersuchung läßt für PRO ASYL das Mitglied des Europäischen Flüchtlingsrates ist, keinen Zweifel daran, daß die "sichere" Drittstaaten-Regelung die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 verletzt.
ECRE hat mit seinen insgesamt
50 Mitgliedsorganisationen eine europaweite
Kampagne gegen diese Regelung geplant.
Herbert Leuninger, Europareferent von PRO ASYL und Vertreter der Organisation bei ECRE hofft, daß diese Kampagne durch das in Kürze zu erwartende Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum neuen Asylrecht unterstützt wird.
Herbert
Leuninger
Europareferent von PRO ASYL
European
Council on Refugees and Exiles
|