Herbert Leuninger

ARCHIV MIGRATION
1976


vom 19. November 1976

„Alle Probleme können nur solidarisch gelöst werden“
Viele Fragen beim Tag des ausländischen Mitbürgers

ESCHBORN. Es gibt nur eine gemeinsame Zukunft. Unter diesem Grundgedanken stand der „Tag des ausländischen Mitbürgers" bei der katholischen Christkönigsgemeinde in Eschborn. Auf einem Plakat einer Bild- und Textdokumentation in der großen Eingangshalle des Zentrums war es so formuliert: „Die ausländischen Arbeitnehmer und ihre Familien sind ein Teil unserer Bevölkerung. Sie gehören zu unserer Arbeitnehmerschaft, ihre Kinder zu unseren Kindern, ihre Jugendlichen zu unserer Jugend. Alle Probleme können nur solidarisch gelöst `,werden."

Neben Statistiken über die Situation der Ausländer in Deutschland waren es insbesondere großflächige Fotos, die die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auf die Bildunterschriften hatte man verzichtet. Jeder sollte selbst eine Unterschrift versuchen. Unter einem Bild einer ausländischen Frau mit Tochter konnte man später unter anderem den schönen Text lesen: „Dos generaciones - dos problemas - una esperanza" (Zwei Generationen, zwei Probleme, eine Hoffnung).

Ein Anziehungspunkt war auch "Carosello", ein sozialkritisches Spiel, das der Ausländerreferent des Bistums Limburg, Pfarrer Leuninger, entworfen hat. Es beleuchtet alle Probleme der Ausländer und geißelt das „Roulette mit Menschen", das betrieben wird.

„Man kann zwar den Viehbestand der jeweiligen Marktlage anpassen", hieß es in einem Text des Gottesdienstes am Morgen, „nicht zu verantworten ist es aber, mit Teilen der menschlichen Bevölkerung ein gleiches zu tun."

Bei der Diskussion am Abend wurden Probleme von Ausländern und Deutschen gemeinsam angesprochen. Ein Ausländer sagte beglückt, er habe in sieben Jahren Aufenthalt in Deutschland noch nie eine so offene Aussprache zwischen Deutschen und Ausländern erlebt. Probleme wurden mitunter erschütternd deutlich, wenn ein Kroate erzählte, daß er mit Geschenken und Geldgaben versucht habe, deutsche Kinder zu seinen Kindern zum Spielen zu holen, um deren Isolierung zu durchbrechen. -hol.