Herbert Leuninger

ARCHIV KIRCHE
1988

Beerdigung
des armenischen Flüchtlings
aus dem Iran
Nariman Hemmat Siraki
am 1. September 1988 in Hofheim a. Taunus

Bibeltext - Ansprache - Gebet - Info
Beerdigung eines armenischen Flüchtlings

Für Nariman Hemmat Siraki ein Grab in fremder Erde
(Bild größer)


BIBELTEXT

Exodus 3, 7-10
7) Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne ihr Leid.
8) Ich bin herabgestiegen, um sie der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter.
9) Jetzt ist die laute Klage der Israeliten zu mir gedrungen und ich habe auch gesehen, wie die Ägypter sie unterdrücken.
10) Und jetzt geh! Ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus!


ANSPRACHE

Niemand kann das Leben eines Menschen würdigen.
Nur Gott allein.
Wir können uns nur erinnern an einen lieben Menschen, der mit uns gelebt hat und in unserer Mitte gestorben ist.
Es war ein langes, schweres Sterben nach einem langen, schweren Leben. Tief im Innern der Wunsch zu leben, alle Mühen der Auswanderung zu überstehen
irgendwann doch noch einmal in ein Land zu kommen,
wo er mit der Familie vereint ist, und wo er dann in Frieden sterben kann. So war es auch sein großer Wunsch, seine Kinder in den USA noch einmal zu sehen, vor allem seinen ältesten Sohn.

Für uns ist es das schwere Schicksal eines Menschen, der seine Heimat aufgeben muss, um noch einmal Freiheit und Frieden zu erleben.
Dort weggehen, wo er mit der Familie und seinen fünf Kindern über Jahrzehnte, ja ein ganzes Leben gelebt und gearbeitet hat. Und dann hier leben zu müssen wie in einem Wartesaal.
Seine Frau, seine Tochter Yolanda und Sohn Gallust hier, zwei seiner Kinder in den USA und eine Tochter befindet sich noch im Iran.
Die Tränen, die er weinte, wenn ich ihn besuchte, waren für mich der Ausdruck all seiner Not und dann seiner Schwäche.

Es ist ein schweres Schicksal der Familie, eines der Schicksale des armenischen Volkes. Es ist ein Volk, vergleichbar mit dem Volk Israel, das in der Unterdrückung lebte, das Gott befreite und in ein Land des Glückes führte. Das Land hat seinen Namen: USA oder Australien oder auch Deutschland.

Als Christen glauben wir, dass wir unterwegs sind in ein anderes Land, das Gott uns versprochen hat. Wir überschreiten die Grenze zu diesem Land, wenn wir sterben. Diese Grenze hat Nariman jetzt überschritten.
Wir hoffen, glauben und beten, dass es das Land ist, in dem er den Frieden und das Heil bei Gott findet.


GEBET

Psalm 124
1) Hätte sich nicht der Herr für uns einge- setzt / - so soll Israel sagen -,
2) hätte sich nicht der Herr für uns einge- setzt, / als sich gegen uns Menschen erhoben,
3) dann hätten sie uns lebendig verschlungen, / als gegen uns ihr Zorn entbrannt war.
4) Dann hätten die Wasser uns weggespült, / hätte sich über uns ein Wildbach ergossen.
5) Dann hätten sich über uns die Wasser ergossen, / die wilden und wogenden Wasser.
6) Gelobt sei der Herr, / der uns nicht ihren Zähnen als Beute überließ.
7) Unsre Seele ist wie ein Vogel dem Netz des Jägers entkommen; / das Netz ist zerrissen und wir sind frei.
8) Unsre Hilfe steht im Namen des Herrn, / der Himmel und Erde gemacht hat.