Herbert Leuninger ARCHIV KIRCHE
1983

EVANGELISCHER KIRCHENTAG
8.-12. Juni 1983 in Hannover

Gebet zur Sache:
"Nur der Teilende wird reich"

INHALT
Das Forum"Ausländische Arbeitnehmer" am 11. Juni 1983 schloss mit dem Gebet zur Sache "Nur der Teilende wird reich - Ängste überwinden - zum Mitmenschen finden". Der Verfasser war Mitglied der Vorbereitungskommission für dieses Forum.

Einladung

von Kortzfleisch

Meine Damen und Herren!
Liebe Forumsteilnehmer!
Unser Forum schließt mit einem Gebet, mit einem Gebet zur Sache. Wir laden Sie ein, auch daran teilzunehmen.
Der Chor singt zu Beginn "Selig sind, die Frieden stiften"

Chor: Ökumenischer Chor, Frankfurt/M

Einstimmung

(Leuninger)

Liebe Teil-Nehmer des Forums ausländische Arbeit-Nehmer!
Unser Forum steht unter dem Gedanken:
Erst der Teilende wird reich –
Ängste überwinden – zum Mitmenschen finden.

Wir bitten Sie im Sinne dieser Gedanken und als Einstimmung zum Gebet um eine, nein um zwei kleine Gesten. Es ist aber nur ein Vorschlag, eine freundliche Einladung.

Geben Sie bitte Ihrem Nachbarn - auch wenn Sie ihn bisher noch nicht kannten, oder erst kennen gelernt haben - ein kleines Souvenir, ein Andenken an Sie und den Kirchentag: Vielleicht einen Kugelschreiber, einen Notizblock oder auch nur eine Ansichtskarte von Hannover .... Überwinden Sie Ihre Ängste und finden Sie zum Nachbarn!
Bitte !

Musik: (Kurze musikalische Einlage, Campos)

Herzlichen Dank, dass Sie der Anregung gefolgt sind und etwas von sich mit-geteilt haben.

Und nun ein zweiter Vorschlag:
Erbitten Sie von Ihrem Nachbarn eine Gegengabe, aber kein Geschenk, sondern eine Information. Fragen Sie ganz höflich den von Ihnen beschenkten Nachbarn:
Was hat Sie/Dich heute auf dem Kirchentag, bei diesem Forum bereichert ?
Fragen Sie bitte !

Musik (Kurze Musikeinlage, Campos)

Deutung:

Sie haben geteilt,
Sie haben sich mitgeteilt,
etwas von sich weggegeben, ein Wort, einen Gedanken, eine persönliche Erfahrung.
Ein anderer hat sich auch Ihnen mitgeteilt.
Dabei sind Sie vielleicht bereichert worden.
Aber keiner, der sich mit-geteilt hat, wurde ärmer.

Wie aber war es bei unserem ersten Teilen, bei unserem ersten Mit-Teil-Spiel ? Kleine Geschenke haben den Besitzer gewechselt, die Gaben haben sich aber nicht vermehrt; streng genommen sind die Geber ärmer, die Nehmer - wenn auch auf bescheidene Weise - reicher geworden. Wenn die, die genommen haben, auch etwas zurückgaben, war es fast ein reines Tauschgeschäft.

Sind das nicht die Spielregeln, die unter uns gelten ? Die Spielregeln in unserer Gesellschaft ? Dort herrscht auch ein Geben und Nehmen, eher sogar ein Nehmen als ein Geben. Gewinnen kann nur einer das, was der andere verliert. Das typische Gesellschaftsspiel ist "Monopoly". Der eine Spieler wird reicher auf Kosten des anderen Spielers. Dieser wird ärmer.

In einer wirtschaftlichen Krise wird dieses Spiel zum Kampf. Die Spielregeln werden rücksichtslos durchgesetzt. Die Verlierer stehen sogar von vorneherein fest, es sind die Schwächeren, nicht zuletzt auch die Fremden, die Ausländer.

Es sind aber auch andere Spiele denkbar, Spiele, bei denen es nicht nur Gewinner, oder Verlierer gibt, sondern wo alle Spieler gewinnen. Solche Spiele gibt es bereits im Spielwarenhandel. Gibt es dieses Spiel auch in der Wirklichkeit ?

An der Oberfläche war unser Geschenkspiel ein Verlust- und Gewinnspiel. Aber doch nur an der Oberfläche. Der Gebende wird nicht zwangsläufig ärmer. Es trifft eher das Motto unseres Forums zu, wie es sich bereits in der uralten Weisheit des Volkes Israel niederschlägt:
"Der Freigiebige wird immer reicher, der Geizhals spart sich arm."
und
"Wer mit anderen teilt, wird selbst beschenkt" (Spr. 11,24,25a).

Gott hat sich die Welt nicht als ein Monopoly ausgedacht, sondern als Chance des Teilens und Mit-Teilens, als Spiel, bei dem am Ende alle reich sein sollen, reich in seiner Liebe. Sein entscheidender Beitrag, seine Mitteilung, sein Wort an die Welt ist sein Sohn. Sein Kommen hat die Spielregeln nachhaltig verändert.

Gottes Spielangebot ist ein Wunder, so wie bei der Witwe von Sarepta, oder der alleinerziehenden Mutter, die in größter wirtschaftlicher Not noch einen Gottesmann ohne geregeltes Einkommen durchfüttern soll.

Hören Sie zu:

Bibeltext

(von Rotenhan)

Da sagte der Herr zu Elia.: "Geh in die Stadt Sarepta in Phönizien und bleib dort ! Ich habe einer Witwe befohlen, Dich mit Essen und Trinken zu versorgen." So ging Elia nach Sarepta. Als er ans Stadttor kam, traf er dort eine Witwe die Holz auflas. "Bring mir doch etwas Wasser !" bat er sie. Als sie wegging, um es zu holen, rief er ihr nach: "Bring auch etwas Brot mit!"

Doch sie sagte: "So gewiss der Herr, Dein Gott, lebt: Ich habe keinen Bissen mehr, nur noch eine Handvoll Mehl im Topf und ein paar Tropfen Öl im Krug. Ich lese gerade etwas Holz auf und will mir und meinem Sohn die letzte Mahlzeit bereiten. Dann müssen wir sterben."

Elia erwiderte: "Geh heim und tu, was Du vorhast. Aber backe zuerst für mich einen kleinen Fladen und bring ihn zu mir heraus. Den Rest kannst Du dann für Dich und Deinen Sohn zubereiten. Mach Dir keine Sorgen, denn der Herr, der Gott Israels hat versprochen: 'Der Mehltopf wird nicht leer und das Öl im Krug

versiegt nicht, bis ich es wieder regnen lasse'". Die Frau ging und tat, was Elia ihr aufgetragen hatte. Und wirklich hatten die drei jeden Tag genug zu essen. Der Mehltopf wurde nicht leer und das Öl im Krug versiegte nicht, wie der Herr es durch Elia versprochen hatte. (1 Könige 17,8-16)

aus:
"DIE BIBEL im heutigen Deutsch" der Deutschen Bibelgesellschaft

Chor

Gebet

Gott,
Schöpfer der Welt, der Menschen und Völker.

Nehmen statt teilen,
gewinnen statt verlieren,
gewinnen, was andere verlieren.

Das sind die Spielregeln, die wir kennen und nach denen wir uns richten,
allzu gern;
auch wir möchten nehmen,
wir möchten nichts verlieren.
Es ist beruhigender, auf der Strasse der Gewinner als mit den Verlierern zu marschieren.
Nur der Nehmende wird reich
Nur der Starke , der Einheimische, der Deutsche ...'
Das ist unser Spiel,
unser Gesellschaftsspiel.

Gott,
Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Du hast als Schöpfer und Erlöser Deine Spielregeln;
andere,
nach denen die Gewinner verlieren,
die Reichen arm werden
und die Verlierer gewinnen,
die Armen reich werden.

Es sind neue Spielregeln, an die Du Dich selbst hältst.
Du teilst,
Du teilst mit,
Du teilst Dich mit,
Du teilst Dich selbst mit,
Du teilst uns Dein ureigenstes Wort mit,
Du teilst uns Deinen Sohn mit,
Du teilst mit uns Deinen Sohn,
Du teilst mit uns Deinen ganzen Reichtum.

Jesus Christus hat Dich mit-geteilt, Dich als unseren Gott offenbart;wir
haben ihn dabei als den großen Verlierer erfahren,
der für sein Teilen,
sein Mit-Teilen
mit dem Leben bezahlt hat.

Dennoch,
Du hältst Dich an Deine Spielregeln,
nach denen der Verlierer gewinnt,
der Teilende reich wird.
So hast Du Deinen Sohn erhöht,
Du hast ihm einen Namen gegeben,
der alle anderen überragt. (vgl. Phil 2,9)

Wir ehren Dich
in dem Bekenntnis des Todes und der Auferstehung Jesu Christi,
wir ehren Dich
im Glauben an die neuen Spielregeln des Heils,
bei denen auch wir verlieren und doch gewinnen.

Stärke diesen Glauben,
stärke ihn durch diesen Kirchentag,
durch dieses Forum,
durch diese Gemeinde,
durch dieses Gebet,
damit wir teilen,
damit wir mit-teilen,
dass wir verlieren können,
gute Verlierer sind,
um doch alles zu gewinnen.

AMEN

Segen

(durch die anwesenden Geistlichen der verschiedenen Konfessionen, Riten und Sprachen.)

In deutscher Sprache:

Dazu segne uns der sich mit-teilende und offenbarende Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
A m e n

Im griech.-orthodoxen Ritus

Im serbisch-orthodoxen Ritus

In spanischer Sprache

evtl. in weiteren Sprachen

Lied: (Alle)
(Begleitung: Gitarre und Chor)

Ja, wenn der Herr einst wiederkommt ...

(aus: InterCant Nr. 12, 7-sprachig)